Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hat mit Urteil vom 23. 10. 2012 11 U 90710 entschieden, dass die Verpflichtung des Versicherungsmaklers zur Vermittlung eines passenden Versicherungsschutzes und damit zu der notwendigerweise vorangehenden Beratung und Bedarfsermittlung seine Hauptleistungspflicht darstellt.
Er muss von sich aus das zu versichernde Risiko ermitteln.
Im entschiedenen Fall hatte der Versicherungsnehmer seinen Makler gebeten, das Betriebshaftpflichtrisiko des von ihm übernommenen elterlichen Geschäftsbetriebes einzudecken. Die Geschäftsbriefbogen des Kunden enthielten den Zusatz „Öfen – Kamine – Fliesen“ und „Kamine und Fliesen“. Der Kunde wollte die auslaufende Betriebshaftpflichtversicherung für den übernommenen Handwerksbetrieb ersetzen. Der Makler legte dem Kunden eine Deckungsnote für eine Betriebshaftpflichtversicherung für Handwerker zur Unterschrift vor. Nach der Unterzeichnung führten Kunde und Makler ein Telefonat, dessen Inhalt im Einzelnen strittig ist. Danach ergänzte der Makler handschriftlich die Deckungsnote, indem er unter der Rubrik „ausgeübtes Handwerk: Ofensätze“ den Zusatz „inklusive zugehöriger Fliesenarbeiten“ einfügte. In der Police wurde das versicherte Risiko mit den Begriffen „Kamin, Ofen- und Herdsetzer, Feuerungs- und Luftheizungsbau“ bezeichnet. Im Rahmen eines Fliesenlegerauftrages ereignete sich ein Schadensfall.
Die Richter des OLG Brandenburg entschieden, dass der Makler dem Kunden wegen unzulänglicher Beratung Schadensersatz zu leisten habe (gem. den §§ 63, 61 Abs. 1 VVG). Das Gericht stellt in seiner Entscheidung heraus, dass der Versicherungsmakler der Interessenvertreter des Versicherungsnehmers ist und daher zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen seines Kunden und zu einer entsprechenden Beratung in Bezug auf den von ihm vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet ist. Dabei hat der Makler von sich aus das Risiko des Kunden zu untersuchen, das Objekt – im Streitfall die tatsächlichen Umstände des Geschäftsbetriebs des Klägers – zu prüfen und den Kunden unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Ergebnisse zu unterrichten. Der Versicherungsmakler hat den Kunden schließlich auf das Fehlen von Versicherungsschutz hinzuweisen. Diese umfassenden Pflichten machen den Makler für den Bereich der Versicherungsverhältnisse zum treuhänderischen Sachwalter des Kunden.
Ferner beonte das Gericht, dass grundsätzlich ein anspruchminderndes Mitverschulden des Geschädigten bei einer Pflichtverletzung des Maklers nicht angenommen werden kann. Ist die fachgerechte Betreuung und Beratung, wie im vorliegenden Fall, Inhalt einer Vertragspflicht, kann sich der pflichtwidrig handelnde Vertragspartner in der Regel nicht mit Erfolg darauf berufen, der ihm vertrauende Geschädigte habe seine Interessen selbst schützen und insbesondere mit einer Pflichtverletzung rechnen müssen. Denn um sich von derartigen Obliegenheiten zu befreien, nimmt ein Kunde ja gerade die Dienste eines Fachmanns in Anspruch.
Mit diesem Urteil werden erneut die strengen Anforderungen der Rechtsprechung an die (vor-)vertraglichen Pflichten des Versicherungsmaklers herausgestellt.